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Rattenberg: Feierliche Würdigung von Anton Schguanin

Am 26. Oktober 2024 fand in Rattenberg eine besondere Veranstaltung statt, die zahlreiche Chronistinnen und Chronisten aus dem Bezirk anzog. Im Mittelpunkt stand das facettenreiche Leben von Anton Schguanin – ein Priester, Politiker und visionärer Gestalter, dessen Wirken für die Region, insbesondere im Hochwasserschutz, eindrucksvoll gewürdigt wurde.


Diese Priesterpersönlichkeit der Zwischenkriegszeit stand im Mittelpunkt der Feier im Stadtsaal in Rattenberg, welche auch von vielen Chronist*innen des Bezirkes besucht wurde.

Anton Schguanin, Geistlicher und Politiker in bewegter Zeit

Der 1874 in Taufers/Münstertal geborene Schguanin wurde nach seinem Theologiestudium 1900 im Salzburger Dom zu Priester geweiht. Er war in verschiedenen Pfarren tätig; die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung in der Land- und Forstwirtschaft war ihm stets ein Anliegen.

Von 1915 bis 1936 war er Pfarrer in Niederndorf. Sein „Pfarrgärtlein“ war ein großer Acker, den er als ökologischen Landbau bewirtschaftete. Er wurde von den Bauern gern um Rat gefragt.

Ein wichtiger Abschnitt in seinem Leben war seine Tätigkeit im Tiroler Landtag, dem er von 1929 bis 1934 als Landesrat angehörte. Als Direktor des Landesbauamtes war er zuständig für Straßen- und Wasserbau. Zu den größeren Projekten zählten die Gerlos- und die Wildbichlstraße sowie Baumaßnahmen an Lech und Inn.

Für Rattenberg war seine Tätigkeit ein Glücksfall. In der Stadt lag bereits seit 1931 ein wasserrechtlich genehmigtes Bauvorhaben für die Errichtung eines Kanal- und Pumpsystems vor. Wesentlich war die Kanalisation. Statt mehreren Kanaleinmündungen in den Inn war nur noch eine einzige Stelle unterhalb der Innbrücke vorgesehen. Alle Abwässer gelangten über eine Pumpstation in den Fluss. Bei Hochwasser schloss eine Klappe das Eindringen des Innwassers in das Kanalsystem, die Abwässer wurden mittels Pumpe dennoch in den Inn abgeleitet.

Im Rahmen des Arbeitsbeschaffungsgesetzes konnte im Jahr 1934 eine für die Stadt günstige Finanzierung gefunden werden. Es bedurfte noch einiger Urgenzen durch die Landesbehörde, bevor die Rattenberger Stadtväter ihr Plazet zur Übernahme der anteiligen Kosten von damals rund 18.000 Schilling, in heutiger Währung etwa € 385.000 gaben. Die wirtschaftliche Effizienz erwies sich im gleichen Jahr. Die Schadensforderungen von rund 50 von der jährlichen Überflutung betroffenen Hausbesitzern beliefen sich im Jahr 1931 auf über 23.000 Schilling. Nach Errichtung des Kanal- und Pumpsystems blieben die Häuser trocken, das wirtschaftliche Leben fand keine Unterbrechung. Anton Schguanin durfte dies als großen persönlichen Erfolg verbuchen.

Nach dem Abschied aus der Politik bewarb sich Anton Schguanin 1936 um die Stelle als Stadtpfarrer in Rattenberg. In den vier Jahren seiner Tätigkeit in Rattenberg erlebte er den Meinungsumschwung in der Bevölkerung schon vor dem Anschluss 1938. Seine größte Enttäuschung dürfte er erlebt haben, als er für die Restaurierung der Fresken in der Stadtpfarrkirche im Jahr 1937 in der Stadt keine Spenden lukrieren durfte. Er bezahlte einen Großteil der Kosten aus der eigenen Tasche.

Zur Jubiläumsfeier war der Stadtsaal bis auf den letzten Platz belegt. Nach der Begrüßung der Gäste und Zuhörer durch GR DI Martin Götz beleuchtete der Generalvikar der Diözese Salzburg, Mag. Harald Mattel, die Thematik „Religion und Gesellschaft“. Das Verhältnis Landwirtschaft  – Umwelt – Wirtschaft stand im Zentrum der Betrachtungen von Nationalrat Ing. Josef Hechenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer. Landtagsabgeordneter und Bürgermeister von Kramsach, Andreas Gang, ging auf wasserbauliche Aspekte aus Sicht des Landes ein. Mit einigen Anekdoten aus Schguanins Leben wartete Chronist Otto Hauser aus Niederndorf auf. Bürgermeister Mag. Josef Auer aus Radfeld beleuchtete den Zusammenhang von Hochwasser und Grundwasser in Zusammenhang mit den aktuell geplanten Retensionsflächen im Unterinntal.

Schließlich stellten Winfried Altenburger und Erich Hauser das Leben des Jubilars Anton Schguanin in einem Powerpoint Vortrag anschaulich vor. Sie holten damit unter dem Motto „Geschichte ist Gegenwart“ die wohl größte Leistung Anton Schguanins, Rattenbergs Befreiung vom Hochwasser, wieder ins Bewusstsein der Zuhörer. In der Tat war die „Trockenlegung der 50 alljährlich vom Hochwasser bedrohten Häuser“ eine wirtschaftliche und kulturelle Großleistung.

Im Jahr 1940 nahm die Diözese Anton Schguanins Ansuchen um Pensionierung an. Er verbrachte einige Jahre in Rattenberg, dann in Reith und schließlich wieder in Rattenberg.

Im Jahr 1916 erhielt er das Kriegskreuz III. Klasse für nicht direkt am Krieg beteiligte Personen, im Jahr 1934 das Goldene Ehrenzeichen der Republik in der 6.ten von 16 Stufen. Die Diözese verlieh ihm den Titel Geistlicher Rat. Zum Ehrenbürger wurde er in den Gemeinde Niederndorf, Niederndorferberg, Rettenschöß, Rattenberg und Reith im Alpbachtal ernannt. Er starb am 05.07.1960 in Rattenberg und ist im Priestergrab in Reith beigesetzt.

Das „Komitee Anton Schguanin“, bestehend aus Winfried Altenburger, Erich Hauser, Martin Götz und Edith Jenewein, machte es sich zur Aufgabe, das Leben Anton Schguanins als Priester und Politiker in der schwierigen Zeit zwischen den Kriegen ins „Heute“ zu holen. Eine Geschichte zum Nachlesen gibt es als 40-seitige Dokumentation. Anzufordern bei winfriedaltenburger@chello.at. Im Hof der Neuen Mittelschule ist sein Wirken noch einige Zeit auf 4 Stelen „Zum Nachlesen“ in Schrift und Bild dargestellt.

Text: Winfried Altenburger
Datum: 20. November 2024